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Der Einfluss personlicher Beziehungen auf die Literaturkritik des jungen Heine Mache, Ulrich Franz Johannes

Abstract

Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, Heines Urteil über seine literarischen Zeitgenossen aus den jeweiligen Lebensumständen und Plänen des Dichters zu erklären, und somit schwer begreifliche oder sich widersprechende Urteile leichter verständlich zu machen. Die Untersuchung beschränkt sich fast ausschliesslich auf die Zeit vom Beginn der zwanziger Jahre bis zu Heines Übersiedlung nach Paris im Jahre 1831; doch war es erforderlich, die schon in Paris verfasste Romantische Schule in die Untersuchung mit einzubeziehen, da gerade dieses Werk die Abrechnung Heines mit der "neueren" deutschen Literatur darstellt. Bei der Auswahl der hier besprochenen Dichter waren drei Beweggrilnde ausschlaggebend: Einerseits wurden Dichter gewählt, die auch heute noch ein gewisses Interesse erregen, andererseits musste das in Heines Briefen und Werken gefun-dene Material sich für eine Besprechung der betreffenden Dichter eignen, und schliesslich sollte Heines Verhalten zu diesen Dichtern sowie sein Urteil über ihre Leistungen in irgendeiner Weise typisch sein. Im Falle J. B. Rousseaus und Immermanns waren es geschmeichelte Eitelkeit und persönliche Zuneigung, worauf sich Heines überschwängliches Lob zurückführen liess. In Adolf Müllner fürchtete er einen berüchtigten Kritiker, durch dessen Feindschaft der literarische Aufstieg des jungen Heine zweifellos erschwert worden wäre. Der Versuch, sich durch Schmeicheleien die Gunst einflussreicher Literaten zu gewinnen, tritt namentlich in Heines Verhältnis zu Beer und Schenk hervor. Durch die Fürsprache dieser Dichter hoffte er, die Münchener Professur zu erlangen und zollte daher ihren Werken höchstes Lob. Auch das Kapitel über A. W. Schlegel sollte zeigen, dass Heine seine kritische Feder oft zur Förderung seiner eigenen Interessen benutzte. So trug sein Wunsch, sich beim französischen Publikum in ein günstiges Licht zu rücken, dazu bei, dass A. W. Schlegel, der ausgesprochene Gegner französischer Literatur, in der Romantischen Schule unbillig verspottet und geschmäht wurde. In Bezug auf Goethe ist besonders Heines widerspruchsvolle Haltung nach dessen Tode heraus-gearbeitet worden: Diese beruhte einerseits auf der Aner-kennung Goethes als des "Königs" der deutschen Literatur, für dessen Nachfolger Heine sich ansah, und andererseits auf der Ablehnung des "Goethentums", das in Heines Augen die Entwicklung der jungen Dichtergeneration hemmte. Die Untersuchung von Heines Kritik an Fouqué und Uhland hat ergeben, dass seine frühe Begeisterung für diese Dichter mildernd auf das Urteil gewirkt hat, das er später in der Romantischen Schule über sie fällte. Dagegen konnte die weit schärfere Kritik an Tieck zum Teil darauf zurückgeführt werden, dass dieser ehemalige Romantiker, dem Heine keine persönliche Wertschätzung entgegenbrachte, auch noch in den dreissiger Jahren literarisch tätig war, ohne sich dem "jungen" Deutschland zu nähern. Das Gesamtergebnis dieser Arbeit zeigt, dass Heines Kritik an seinen literarischen Zeitgenossen in starkem Grade persönlichen Einflüssen unterlag und in vielen Fällen mit der wirklichen Überzeugung des Verfassers nicht ohne weiteres identifiziert werden darf. Daher ist für die Einschätzung aller kritischen Äusserungen in den Werken und Briefen Heinrich Heines die Kenntnis der näheren Lebensumstände des Dichters unerlässlich. - Bei der Anordnung der Kapitel wurden hauptsächlich chronologische Gesichtspunkte berücksichtigt; im Grunde sind die einzelnen Kapitel selbständige Einheiten, die auf verschiedene Art ihren Beitrag zum Gesamtergebnis der Arbeit leisten. Als Hauptquelle für die Untersuchung dienten die Werke Heines und die von Friedrich Hirth besorgte Gesamtausgabe der Briefe. Nach Möglichkeit wurde auf Aussagen und Zeugnisse von Zeitgenossen des Dichters zurückgegriffen; Biographien wurden nur zum Vergleich oder in Ermangelung von Dokumenten benutzt.

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