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Wahrheit und Wandlung im Wesen im Wesen der dramatischen Gestalten Franz Grillparzers Williams, Uta Barbara

Abstract

Die folgende Interpretation versucht, die Entwicklung und damit die innere Wandlung der dramatischen Gestalten Grillparzers von ihrer ursprünglichen Wesenswahrheit zur Täuschung, die zugleich Selbsttäuschung und Betrug anderer ist, zu verfolgen, zu analysieren und zu motivieren. Zugrunde liegt dieser Analyse der Gedanke, dass Grillparzer den Menschen als ein notwendig transzendierendes, schrankenlos hochstre-bendes Wesen erfasst, dem es unmöglich ist, gesetzte Grenzen anzuerkennen und sich ihnen demütig zu unterwerfen. Als anschauliches Gleichnis hierfür zieht der Dramatiker den biblischen Sündenfall heran, als dort erstmalig die satanische Schlange im paradiesischen Menschen den phanta-sievollen Wunsch und das eigenwillige Streben erweckt, sein ursprüngliches, ihm von seinem Schöpfer gegebenes Wesen und mit ihm sein Geschick zu wandeln, urn so über sich selbst hinauszuwachsen: als Mensch war er geschaffen, doch wie Gott wollte er nun sein. - Als erbschuldiger "stolzer Enkel" ist es die Tragik eines jeden Menschen seitdem, dem "gleichen, ungezähmten Trieb," diesem eigensinnigen Selbstüberhebungsstreben seiner schuldigen Vorfahren zwangsläufig zu verfalien, wodurch ihm der kindlich naive, paradiesische Zustand seiner Wesenswahrheit und damit wiederum seiner Unschuld und Reinheit, seines inneren Eriedens und seiner eigentlichen Willensfreiheit verloren geht. Die einfachen, doch ehrgeizigen "Erdenbürger" drangen hinauf in den anderen, höheren Existenzbereich des still kontemplativen Seins der Künstler, Priester und Herrscher; ihr erstrebtes Ziel ist Glanz und Grösse, Ruhm und Ehre, Macht und Geltung. Die übernatürlichen, aussergewohnlichen Einzelnen hingegen sehnen sich hinunter in die Welt des "irdisch niedren Tuns." Einmal notwendigerweise aus dem heimatlichen, ursprünglichen Bereich seiner individuellen wahren Existenz herausgetreten und in der Wesensfremde erbärmlich gescheitert, bleibt dem übermütig hinausstrebenden, unglucklichen Menschen nur die einsichtsvolle, demütige, innere Umkehr, urn so in Wesenswahrheit "des Innern stillen Prieden" wiederzufinden. Diese Möglichkeit des Selbstgewinnes erblickt Grillparzer jedoch nicht im kampflosen Zurücksihken des Menschen in seinen ursprünglichen Stand der paradiesischen Wahrheit und Unschuld, noch durch einen göttlichen Akt der Gnade im neu-testamentarischen Sinne; sie stellt sich vielmehr dar als schwer errungene Selbstüberwindung. Diese Entsagung des persönlichen Verlangens nach den jenseits der gegebenen Grenzen lockenden Lebensgütern der "anderen Welt" ist an sich tragisch, da es dem transzendierenden, grenzenlos strebenden menschlichen Wesen widerspricht. [ … ]

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